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Nichts ist widerlicher, als wenn " ein Frankfurter startup einen Algorhythmus entwickelt hat, um meine Nettorente"..( kotz) " zu berechnen "( s. Werbetext einer Annonce auf T'mBlah...)
Was das Verstehen Thomas Bernhards angeht (Klappentext R. Fellinger : „...die Person, die sich jedem direktem Verstehen” entziehe, so kann das Verstehen Bernhards nur direkt geschehen. Bernhard kann meiner Überzeugung nach nur direkt verstanden werden, denn Bernhard meint die Dinge genauso, wie er sie sagt und er spricht eine einfache Sprache. Gleichwohl ist er seiner Sache oft genauso wenig sicher, wie er sie stark vertritt, denn er kann, ganz intuitiv-intellektuell(ein Paradox) seine Meinung ändern, manchmal erst dann, wenn er sie formuliert und mit sich selbst diskutiert hat, als Abgrenzung zu dieser und um den Leser an seiner Wahrhaftigkeit teil haben zu lassen(jetzt bin ich selbst in die Falle gegangen und habe doofer Weise versucht, Bernhard zu erklären).
Um dieser Wahrhaftigkeit halber droht Bernhard aufgefressen zu werden, schon zu Lebzeiten und anhaltend; umso mehr, da er direkt verständlich schrieb und sich nicht, wie seine „Kollegen“ wie z.B. Ror Wolf oder Arno Schmidt zum Selbstschutz kryptisch zu verschlüsseln.
Mit seinem Resumée hat der Herausgeber von „aus Opposition gegen mich selbst“ in letzter Sekunde, trotz höchst sensibler, kenntnisreicher Auswahl der Stücke, im Klappentext einen Denkfehler begangen, den es bei aller Intellektualität zu vermeiden gilt : Thomas Bernhard zu verkomplizieren.
Es lebe das Bernhard´sche Subjekt!
http://www.suhrkamp.de/buecher/aus_opposition_gegen_mich_selbst-thomas_bernhard_46211.html
Es käme ein allegorisches Bühnenstück in Frage, Arbeitstitel „ Die Thomas-Bernhard-Schule“, inhaltlich eine Allegorie auf die anthroposophische Pädagogik der Rudolf-Steiner-Schule, um Bernhards Abwertung der pädagogischen Anstalten klärend auf die privat-freiheitliche Pädagogik dieser Privatschulen krachen zu lassen, mit dem Ziel, dieses kontrovers-konstruktiv an einer der sogenannten Waldorfschulen( oder auch an sozialdemokratischen Gesamtschulen) von Schülern selbstorganisiert(!) aufführen zu lassen. Begrifflichkeiten aus der Rhetorik Bernhards werden als Versatzstücke dekonstruierend in die Prämissen R.Steiners eingefügt, um diese miteinander reagieren zu lassen und eine Melange als revolutionäre Ressource zu generieren.
Es könnte sich thematisch eine autonome Gruppe von Schülern entwickeln, die verhindern(wollen), dass etwas von Bernhard aufgeführt wird, dachte ich. Ein Stück für die sogenannte Waldorfschule zu schreiben, (Die Macht der Verwöhnung oder die Rudolf-Steiner-Armee-Fraktion, dachte ich). Ein Stück, in dem lächerlicher Weise Waldorfsalat gegessen werden würde. Die Walnüsse dazu würden von SchülerInnen auf dem Schulhof gesammelt, die unsäglichen Mandarinen dazu würden von zu Hause mitgebracht. Ein Kind, das Dosenmandarinen mitgebracht hat, würde nach Hause geschickt und die Eltern würden zum Gespräch gebeten. Zur Demonstration des steineristischen Freiheitsbegriffes würden Waldorf-Astoria-Zigaretten geraucht und dabei würde von Lehrern laut gebrüllt werden. Musik in etwa : Der Wunderbare Mandarin von Bartok oder Zappas Civilization Phase III . Die Ode an die Feinde würde mit selbsgebastelten Streichinstrumenten eingeübt. Ein Backhaus würde gebaut werden; eine Hexe (E.Jelinek?I.Bachmann?) würde darinnen verbrannt und damit, Märchen als Gleichnis, Wege zur Autonomie aufgezeigt.
Dann : Shakespeare wird verunglimpft! Dann : Die Liebe wird verunglimpft! (Broken Hearts Are For Assholes, True Glove, Zappa)
Einzig das symbiotisch-romantische Zusammenleben des Thomas Bernhard mit „seiner Muse“ und einzigen Frau Hedwig St. wird als siegreiche Überlebensstrategie und Schöpfungsakt glorifiziert ( siehe auch: Er&Sie Monogamie e.V. Anna u. Bernhard J.Blume), in Büchern, jede symbolische Kopulation ein Buch, jede Anfeindung ein Überlebensakt mit Distinktionsgewinn, um nicht vom Leviathan aufgefressen zu werden.
Ich empfinde den oft schimpfenden,nein, er schimpft nicht, also : den verunglimpfenden Bernhard paradoxer Weise als hell und klar in seiner Stimmung; heller noch, strahlend; gleich einem Denk ich an Österreich übertag. Die helle Lebensfreude springt aus Bernhards Zeilen, wenn er zementgrau über Österreich schreibt, als fülle er den Graben zwischen der Zeit Nestroys und Musils Kakanien(Der Mann ohne Eigenschaften), Karl Krauss´ und Elfriede Jelinek. Thomas Bernhard schließt alle Lücken. Seine Prosa fließt in alle Hohlräume, Spülbecken, Abflüsse, Rinnsteine, aus der Bernhardschen Pandorabüchse strömend ohne Unterlass, tiefste gesellschaftliche Schichten nicht scheuend, alles füllend, geduldig jede Ungleichheit kompensierend, geradezu ideal-sozialistisch, physikalisch. Daher ist es unnötig, Thomas Bernhard öffentlich in Lehranstalten zu rezipieren. Ihn vorzuführen taugt nicht zum selbständigen Denken, es tötet dieses, wenn man ihn erklärt. (Bernhard über Schulen: „Menschenverunstaltungsanstalten“ ...und 1985 in „Alte Meister“,S.53 : "Die Lehrer sind die Handlanger des Staates und wo es sich wie bei diesem österreichischen Staat heute um einen geistig und moralisch total verkrüppelten handelt, um einen, der nichts als die Verrohung und Verrottung und das gemeingefährliche Chaos lehrt, sind naturgemäß auch die Lehrer geistig und moralisch verkrüppelt und verroht und verrottet und chaotisch.")
Man sollte meiner Meinung nach Stücke über Thomas Bernhard an Schulen aufführen. Ja, es sollte vermieden werden, Thomas Bernhard in Lehrpläne einzulassen, Grabsteinen in Urnenfeldern gleich. Kompensiert werden kann dieses durch Simulationen. Meines Erachtens auch durch Plakate von Aufführungen, die es nicht geben wird, in Form von Fiktionen zu Thomas Bernhard.
Immerhin, denke ich, können sie nicht widerstehen, sich ihn, wie andere Dichter auch, anzueignen, ungefährlich zu machen; und sie hocken mit ihrem blanken Arsche archaisch auf ihrer Beute wie Höhlenbewohner, ihn zuzurichten und ihn letzten Endes, da er widersteht, widerständig ist, hinzurichten – obwohl das bestimmt noch ein Jahrhundert dauert, wie zum Beispiel mit Heine, von dem ich im Radio hörte, sein berühmter Onkel Salomon, der sich Mitte neunzehnten Jahrhunderts nach dem großen Hamburger Brand beim Wiederaufbau Hamburgs größte Verdienste erwarb und als Jude trotzdem zeitlebens kein Haus in der Hansestadt erwerben durfte, habe ihm, Heinrich, eine Tuchhandlung am Jungfernstieg überlassen. Da Heinrich jedoch dem Gerücht zufolge das Kuchenessen und flanieren an der Binnenalster vorzog, geriet das Geschäft in Konkurs, worauf sein Selfmade-Onkel dem dekadenten Bohèmien und heutigen literarischen Widerständler anstandslos ein Jurastudium inklusive Unterhalt finanzierte. Heinrich selbst soll dies als selbstverständlich bezeichnet haben; er stelle seiner Familie ja immerhin den dichterischen Ruhm zur Verfügung, der alte Puffbarde, kein Vergleich zu Bernhard, obwohl dieser zugegebener Maßen in einer völlig andern Epoche lebte. Heine musste Georg Büchner, den Namenspaten des von Bernhard erhaltenen und geduldeten gleichnamigen und höchsten Literaturpreises der Republik irgendwie gekannt haben; dieser war aber zur zweiten Lebenshälfte Heines 1837 leider schon unverdient tot. Aber gut, im Heine-Büchner-Vergleich(Stiftung Warentest 07/93) schneidet der Heinrich bei mir nicht besonders gut ab(habe aber auch nicht viel von beiden gelesen, muss ich noch nachholen).
Als nächstes werden wir bestimmt, s.Nachwort von Thomas Bernhards „Aus Opposition gegen mich selbst“ von Raimund Fellinger, dessen Buch ich im Antiquariat in Lübeck erstand, da es auch, beziehungsweise natürlich, im Suhrkamptaschenbuchverlag erschienen war, werden wir, denke ich, als nächstes oder bald eine Thomas-Bernhard-Gymnasiumsschule im deutschsprachigen Raum bekommen, präsentiert bekommen wohl kaum – eher klammheimlich installiert. Ein weiterer Schritt, um Thomas Bernhard tot zu machen, seine Buchstaben abzutöten, wirkungslos zu machen; woran man erkennen kann, dass selbst die konservierten Buchstaben noch so viel von Thomas Bernhards Gegenwärtigkeit besitzen, so viel von seiner Präsenz, dass die Herrschenden und Vorherrschenden diese Präsenz aufsaugen und abtöten wollen, um sie zu vereinnahmen, zu besitzen, jagdtrophäengleich, in dem sie Thomas Bernhard zu Lehrmaterial zergliedern, was ihnen schwer fallen dürfte, da Bernhard es ihnen nicht leicht macht, bis zu seinem Tod und in Österreich sogar über ihn hinaus, da ER testamentarisch verfügte, dass auf österreichischen Bühnen kein Stück von ihm aufgeführt werden darf, worüber man sich selbstverständlich winkeladvokatisch kapitalistisch-verwertend hinweggesetzt hat, um Bernhard zu verbrauchen.
Nun hatte ich gewiss genug Bernhard gelesen, dachte ich,genug, um „Aus Opposition gegen mich selbst“ das letzte Thomas-Bernhard-Buch sein zu lassen, das ich gelesen haben wollte. Dieses war ja nicht mal von ihm verfasst; es versprach jedoch einen guten Bernhard-Querschnitt aus Thomas Bernhards Werken darzustellen und ich fand es anmaßend, ja fast widerlich, wie sich der Herausgeber schlicht und akademisch zurückhaltend, meines Vorurteils nach Unseld-demütig darstellte, obwohl ich kein wirkliches Wissen über Siegfried Unseld oder den Herausgeber hatte, der seine Auswahl im Nachwort begründete, an dem mich störte, dass ich sie gut finden musste; inhaltlich, da sie fundiert war, genauso fundiert wie überraschend gut diese Auswahl der Ausschnitte aus seinen Werken, eine zweiundzwanzigbändig erstaunen machende Ausgabe plus noch „ Meine Preise“ und den 'Briefwechsel mit Verleger Siegfried U., den ich mir aus Zeitmangel auszulassen vorgenommen hatte, da ich lieber schreiben wollte, im vorgerückten Alter von fünfzig Jahren, mit einem Vollzeitjob in der stationären Pflege, wie es Thomas Bernhard nach eigenen Angaben im verruchten Brügge oder in Norwegen als sogenannter Irrenpfleger ja auch schon als leuchtendes Beispiel versucht hatte und daran glücklich geworden wäre, davon bin ich nach der Lektüre dieses Buches überzeugt. Immerhin so glücklich, wie man als organisch kranker Thomasbernhardschriftsteller werden kann, glaube ich.(Fortsetzung folgt...)
kryptische Hyroglyphen unter THC in den späten 90ern...
Thomas Bernhard 1988 Foto: Erika Schmied
In Anbetracht der Tatsache, dass ich kaum in der Lage bin, selbst etwas zu prosten beziehungsWaise eher am konsumieren von Lieblingsschriften bin, möchte ich Euch vertrauensvoll meinen NeunzigerjahreKarlMay ans Herz legen, von dem sich mein seelisches prekär-bürgerliches Gleichgewicht( aah, die so gern zitierte Ballongs odaso) mal wieder klandestin abhängig gemacht hat, ohne mich zu fragen.Die Rekordzahl von 35 ungeöffneten Briefen stapällt sich auf meinem Schraiptüsch während ich mich in der zerstörerischen Lektüre von DER UNTERGEHER und HOLZFÄLLEN suhle, zwei viel zu schnell fliegende Taschenbücher, die schon 3 Umzüge und zwei Bernhardrezeptionsphasen überlebt haben.
Bernhard befiehl, wir folgen Dir; äh,
Freier Atmen nach Bernhard - weg mit den Sputumbechern!
Es lebe das Bernhard´sche Subjekt!